Als Designerin beschäftige ich mich mit Kreativität sehr differenziert und unterscheide zwischen kreativen Prozessen und Ergebnissen. In jungen Jahren waren es eher die Ergebnisse die so kreativ wie möglich sein sollten. Heute fasziniert mich der Prozess insbesondere und mir ist längst bewusst geworden, dass Kreativität nicht allein Kunst und Design vorbehalten ist.
Globale Kreativität
Kreativität sehe ich viel globaler. Sie beschreibt die Fähigkeit etwas Neues zu erschaffen. Und die Ergebnisse dieser kreativen Prozesse finden wir überall: In Kultur, Wissenschaft, Politik, Wirtschaft, Sozialen Einrichtungen, Medizin und Biologie. Hier sind überall Menschen am Werk die sich darum bemühen lösungsorientiert Neues zu entwickeln, im Kleinen und im Großen. Besonders in schwierigen Zeiten werden kreative Lösungen erwartet. Es wird von Change Management gesprochen und ein Um- oder Neudenken in eingefahrene gesellschaftliche Prozesse gefordert. Es werden viele Methoden und Workshops angeboten, um Kreativität anzuregen oder zu schulen. Dabei kann jeder Mensch kreativ sein und tut es auch andauernd, ist darin nur mehr oder weniger geübt. Und es gibt kein Geheimrezept, sondern einfach nur natürliche Fähigkeiten, die zu kreativen Lösungen führen können.
Aber wie fühlt, denkt oder handelt man kreativ?
Jedem von uns stehen Fähigkeiten zur Verfügung die für kreative Prozesse hilfreich und wertvoll sind und einige möchte ich hier sichtbar machen:
Neue Situationen – Zufälle
Kontakt mit fremden Personen oder neuen Situationen lassen uns Dinge aus anderen Perspektiven betrachten. Dieser Perspektivwechsel kann uns auf neue Ideen bringen.
Um sich in neue Situationen zu begeben, braucht man Interesse, Neugier, Mut und Vertrauen. Man kann Interesse wecken, aber letztendlich braucht es Neugier und Mut den ersten Schritt zu gehen. Je öfter man sich in neue Situationen begibt, desto vielfältiger wird das Handlungsrepertoire, auch bei Fehltritten. Und natürlich lässt sich nicht alles planen. Es gibt Zufälle die zur richtigen Zeit passieren. In solchen Situationen hilft es flexibel zu reagieren, um herauszufinden wie es sich mit dem Zufall anfühlt. Oft ist es so, dass die ersten Schritte kreativen Handelns nicht als solche geplant waren. Sie sind zufällig entstanden oder über einen Umweg zutage getreten.
Differenziert wahrnehmen
Durch unsere Sinne nehmen wir ständig wahr. Oft so schnell und gleichzeitig, dass uns die einzelne Wahrnehmung „verloren“ geht. Meistens verknüpfen wir mit einer Wahrnehmung ein Gefühl, vereinfacht gesagt „mag ich“ oder „mag ich nicht“. Sobald wir ein Gefühl verspüren, folgt eine Handlung.
Wenn es uns gelingt, jede Wahrnehmung differenziert zu betrachten und das aufkommende Gefühl dazu zu evaluieren, können wir unsere Handlungen differenziert betrachten und gegebenenfalls verändern. Entschleunigen hilft dabei …
Blick nach außen und innen
Jedes Lebewesen, Gruppen, Gesellschaften, Firmen oder auch Produkte stehen in Beziehung zu sich und einer Außenwelt. Sich dieser Beziehungen bewusst zu werden, hilft die Person oder Situation zu verstehen und sich in sie hineinzuversetzen. Dabei in sich selbst „rein“ hören und anderen neugierig zuhören …
Spielerisch konzentriert
Damit meine ich eine innere Haltung die auf ein Thema fokussiert ist, aber trotzdem nicht am Thema fest hält. Man spielt mögliche Aspekte zum Thema durch und lässt sich überraschen. Praktisch ausprobieren ist hier die direkte Methode, im Gegensatz zu theoretisch überlegen. Sehr hilfreich ist es, wenn es keine Erwartung an Ergebnisse gibt; vollkommen offen und neugierig auf Unbekanntes. Natürlich sollten die Ergebnisse im Nachhinein besprochen werden.
Positiv motiviert
Für all das braucht man Vertrauen und eine positive Grundhaltung. In angstvollen Situationen lassen sich kreative Prozesse schwerer entfalten. Auch wenn in dem Sprichwort „Not macht erfinderisch“ etwas Wahrheit steckt. Die Motivation eine Lösung zu finden ist in Notsituationen höher. Allerdings sind manche Notsituationen auch vermeidbar durch vorheriges kreatives Handeln.
Die Umgebung oder Situation sollte real und nicht virtuell sein. Auch wenn sich virtuell viel simulieren lässt, die menschliche Gesamtwahrnehmung in einer realen Umgebung ist nicht die gleiche.
Viele kreative Momente habe ich in Gruppen mit Menschen aus den unterschiedlichsten Lebenssituationen und Berufen erlebt. Offen und unvoreingenommen haben wir Projekte entwickeln oder Visionen durchgespielt. Da jeder etwas Eigenes in den Prozess beiträgt, können die Lösungsansätze sehr komplex sein. Wenn eine größere Zielgruppe von den kreativen Lösungen profitiert, dann wird Kreativität auch gesellschaftlich nützlich und spürbar. Aber auch im stillen Alleinsein kommt man in kreative Prozesse. Vielleicht ist das sogar die beste Vorbereitung. Wie man diese dann voran treibt und umsetzt hängt davon ab, welche Werkzeuge zu Verfügung stehen, wie viel Geduld und Ausdauer es braucht oder welche Partner sich finden.
Immer wieder von neuem …